Britta Steffen war am Mittwoch zu Gast im Heidbergbad bei der SSG Braunschweig. Bevor Britta aus ihrer bewegten Zeit als Aktive erzählte, verblüffte sie die anwesenden Leistungsschwimmer mit der Frage – „Wer von euch hat das Seepferdchen?“ Während bei den 8/9-jährigen sofort die Hände nach oben schnellten, sahen sich die Jugendlichen erst einmal irritiert an, meldeten sich aber letztlich ebenfalls. Nicht alle. „Es gibt also auch hier QUEREINSTEIGER“, konstatierte sie. Ihr wurde zunächst die Teilnahme am Seepferdchenkurs verweigert, weil sie zu klein und zu dünn war. Gesichtet wurden damals in den Kindergärten erst einmal die großen athletischen Kinder. Schon gab es den ersten Tipp von Britta Steffen – es ist egal wie groß ihr seid, wenn Wasser euer Element ist – dann macht, was euch Spaß macht. Lasst euch nicht beirren!
Mit 12 Jahren bekam sie dann eine Einladung an die Sportschule nach Potsdam um dort intensiv zu trainieren. Das war ihr Harry Potter Moment, kommentierte sie verschmitzt. In der SSG ist das wahrscheinlich der magische Moment, wenn man in die Spitzengruppe berufen wird.
Verblüfft waren alle, als sie von ihren ersten deutschen Jahrgangsmeisterschaften sprach – in BRAUNSCHWEIG – 1996! Von da an träumte sie von Olympia, vom olympischen Dorf und wollte dort unbedingt einmal dabei sein. Aber der Weg bis dahin war hart, so hatte sie z.B. ganz allein Training in den Sommerferien. Mit 16 Jahren möchte man da schon mal ganz gern mit Freunden ein paar Freibadpommes essen. Aber Zeit für Freunde gab es so gut wie nicht, dafür dann auch schon mal schlechte Laune und zickige Antworten. Geholfen haben ihr in solchen Momenten Bilder und Motivationssprüche im Kopf. Die braucht man auch vor den Starts, wenn man aufgeregt ist. „Feste Routinen vor dem Start helfen Energie zu sparen.“, empfahl sie den SchwimmerInnen. Musik auf die Ohren, ein bestimmtes Buch, Klopftechniken und zum Schluss ein paar Umdrehungen am Ring, das war Britta Steffens Erfolgsrezept um den Puls vorm Start genau im richtigen Bereich zu halten. Stark genug, für einen dynamischen explosiven Start, aber nicht zu hoch, um nicht vor Aufregung unrhythmisch zickzack zu schwimmen. „Hier müsst ihr genau nach dem suchen, was zu EUCH passt.“, war ein weiterer Rat der Olympiasiegerin an die Leistungsschwimmer. Möglicherweise ist es ein wutvoller Rap oder aber eine völlig andere Routine. Wichtig ist, dass es eine Routine ist, dass ihr es automatisch macht, nicht darüber nachdenken müsst, denn Nachdenken kostet Energie, erklärte sie sinngemäß.
Verraten hat sie nicht nur ihre Trainingszeiten, auch ihre Krafttrainingsroutinen. 175 Klimmzüge oder 450 Liegestütze in der Stunde hat sie u.a. absolviert. Dafür erntete sie ehrfurchtsvolle Blicke von den Jungs in den hinteren Reihen….
Empfehlungen gab es von Britta Steffen zu den Längen der Trainingseinheiten, zum Einschwimmen, zur Ernährung und zur Kommunikation mit den Trainern. Sie gab Tipps zur richtigen Entspannung zwischen den Trainingseinheiten und einen Exkurs in die Chronobiologie des Menschen (innere Uhr). Allerdings, so merkte sie an, ist ihr klar, dass ein Jugendlicher heute nicht einfach nur so auf dem Bett liegen kann, da sind ja noch die Sozialen Netzwerke zu bedienen. Eine Trainingszeitverschiebung passend zur eigenen inneren Uhr ist in großen Trainingsgruppen mit festen Bahnzeiten ebenso nicht möglich.
Auch appellierte Britta Steffen an die Einhaltung von Regeln in der Schwimmhalle und animierte zu einem höflichen Umgang mit dem Schwimmhallenpersonal. Grüßen und Müll mitnehmen trägt zu einer positiven Trainingsatmosphäre bei.
Geduldig beantwortete Britta Steffen zum Schluss viele Fragen der Sportler und gab gefühlt jedem ein Autogramm wo immer er es hin platziert bekommen wollte. Wirklich in letzter Minute eilte Britta Steffen zum Zug zurück nach Berlin.
Alle SSG SchwimmerInnen waren sehr beeindruckt vom Vortrag und besonders von Britta Steffen. Die 2014er Jahrgänge trugen die Autogrammkarten wie Trophäen vor sich her und zeigten sie den geduldig draußen wartenden Eltern. Unmittelbar nach dem Vortrag maßen die Jahrgänge 2007/2008, inspiriert von Brittas unglaublichen Zahlen, ihre Kräfte mit Liegestützen. Viele waren auch geflasht von der Originalreportage von Klaus Jürgen Alde aus Peking, als Britta mit unglaublichen Endspurt ihre olympische Goldmedaille über 100 m Freistil gewann. Was alle Schwimmer mitgenommen haben:
- Es geht nicht immer nur bergauf. Es kommen auch Niederlagen. Mit ihnen umgehen zu lernen, ist die große Kunst.
- Der Sieg ist nicht das Wichtigste. Die größte Zufriedenheit erreicht man, wenn man die eigene beste Leistung geschwommen ist.
Und wie ihre Mitkonkurrentin aus Australien einmal vor dem Start zu Britta sagte: Wenn wir am Startblock stehen, ist die Arbeit gemacht. Wir dürfen jetzt genießen. Darum lächeln wir am Start.
Ein aufschlussreicher Abend! Danke, liebe Britta Steffen, für diese spannende Reise durch deine Leistungssportzeit.