Artikel in der Braunschweiger Zeitung vom 16.4.’20:

Braunschweig Schwimmen gehört zu den trainingsintensivsten Sportarten überhaupt. Und so trifft die Schließung des Heidbergbades und die Einstellung des kompletten Trainingsbetriebes aufgrund der Corona-Pandemie die Aktiven der SSG Braunschweig ganz besonders. Bereits die jüngsten Wettkampfschwimmer trainieren zwei- bis dreimal pro Woche im Wasser und haben zusätzliche Athletikeinheiten, die Spitzengruppe ist fünf- bis siebenmal im Wasser, absolviert dazu zwei Kraft- und drei Athletikeinheiten. Mehr geht neben der Schule nur, wenn man wie Katharina Wrede ein Sportinternat besucht. Hier sind acht bis zehn Wasser-, drei Kraft- und drei Athletikeinheiten pro Woche möglich. Aber durch die Schließung des Sportinternats und des Sportleistungszentrums in Hannover ist auch für sie zurzeit kein Training möglich.

Der Cheftrainer der SSG Braunschweig, Sören Novin, erklärt die Probleme, vor denen seine Schwimmer nun stehen: „Da im Frühjahr besonders hart und besonders viel trainiert wird, um für die Saisonhöhepunkte im Sommer fit zu sein, müssen die Sportler nun Alternativen finden. Sie müssen so gut es geht verhindern, dass ihr Leistungsniveau zu stark absinkt.“ Im Moment ist noch überhaupt nicht absehbar, wann wieder das normale Training beginnen kann. „Eigentlich wären die Spitzengruppe sowie die beiden ersten Leistungsgruppen jetzt im Trainingslager, um hier unter sehr guten Rahmenbedingungen bis zu vier Trainingseinheiten am Tag zu absolvieren. Da zur Zeit aber alle wichtigen Meisterschaften abgesagt oder verschoben sind, bleiben wir zu Hause“, sagt Novin.

Unter Einhaltung der Kontaktsperre halten sich die kleinen und großen Schwimmer zu Hause fit und teilen sich ihre Erfahrungen über die SSG-Homepage gegenseitig mit. Corinna Kunth, die erste Vorsitzende der SSG, ist begeistert von der Resonanz auf ihre Aktion: „Unsere Aktiven gehen sehr verantwortungsvoll mit den Beschränkungen um und trainieren für sich oder mit ihren Familien. Aus allen Alters- und Leistungsgruppen erreichen uns Beiträge, mit denen sich die Schwimmer gegenseitig motivieren und auch herausfordern. Auch wenn gemeinsamer Schwimmsport auf absehbare Zeit unmöglich erscheint, können wir damit unser Vereinsleben erhalten und in gewisser Weise zusammen Sport treiben. Das ist ein gutes Gefühl.“

Mit der Absage der Meisterschaften auf norddeutscher Ebene wurde der Saisonhöhepunkt für viele Aktive schon ersatzlos gestrichen. Auf Landes- und deutscher Ebene besteht noch ein Fünkchen Hoffnung, dass die Meisterschaften am Jahresende doch stattfinden können. Dafür und auch für die nächste Saison müssen die Schwimmer nun das Gerücht widerlegen, für Sport an Land nicht gemacht zu sein.

Als Deutsche Juniorenmeisterin über 50 Meter Freistil hatte Katharina Wrede für diesen Mai die Teilnahme an den Schwimm- Europameisterschaften angepeilt. Ihre Titel auf der langen und kurzen Bahn möchte sie auf nationaler Ebene natürlich verteidigen. Da die Europameisterschaften vorläufig in den August verschoben wurden, hält sie sich zu Hause mit einem umfassenden Fitnessprogramm in Form. Sie hat sich mit ihren Brüdern Nils und Martin einen Fitnessraum eingerichtet, in dem die Geschwister nun täglich rudern, Gewichte stemmen und sich mit Stabi- und Athletikübungen fit halten. Sogar zum Zumba-Workout konnte die 18-Jährige ihre Brüder überreden. Ihr fünfzehnjähriger Bruder Martin hat als Zweiter der Norddeutschen Meisterschaften über 50 Meter Freistil in diesem Jahr eine Finalteilnahme bei den Deutschen Jahrgangsmeisterschaften fest im Blick.

Der Vizeweltmeister der Masters-Schwimmer über 200 Meter Rücken, Ralf Pfefferkorn, hat als Informatiker das Glück, gut im Homeoffice arbeiten zu können. Die Zeit im Heidbergbad fehlt ihm aber sehr, ganz besonders am Beckenrand. Der Trainer der zweiten Leistungsgruppe der SSG Braunschweig hat mit seinen Schwimmern eine Liegestütz-Challenge gestartet, bei der nach sieben Wochen unglaubliche 248 Liegestütze absolviert werden.

Maya und Alina Lutz wollen ihren Doppelsieg über 200 Meter Brust bei den Landesmeisterschaften wiederholen. Maya kann ihren Titel als Norddeutsche Jahrgangsmeisterin über diese Strecke in diesem Jahr nicht verteidigen, hofft aber auf ein gutes Abschneiden bei den Deutschen Jahrgangsmeisterschaften. Die Zwillinge verbringen so viel Zeit wie möglich an der frischen Luft, fahren Rad mit ihrer Schwester Hana, wandern und spielen Tischtennis und Badminton.

Sophia Laborius hat Glück im Unglück. Sie konnte schon im Februar den Titel der Landesjuniorinnenmeisterin über 800 und 1500 Meter Freistil gewinnen. Jetzt wird sie nicht nur durch das Corona-Virus ausgebremst. Durch eine Knöchelverletzung kann sie seit mehreren Wochen nicht richtig trainieren. Also tobt sie sich in der Küche aus und verpflegt ihre Familie. Sie sorgt jedoch auch für den sportlichen Ausgleich und hat ein Fitnessprogramm für ihre Eltern aufgestellt.

Giulia Michol konnte sich in diesem Jahr erstmals für die Deutschen Jahrgangsmeisterschaften qualifizieren. Bis zum Trainingsstopp verbesserte sie sich immer weiter über die 50-Meter-Freistilstrecke. Sie will ihre tolle Form auf jeden Fall behalten und hält sich mit einem täglichen Workout fit. Außerdem genießt sie die frische Luft bei langen Spaziergängen.

Mette Marie Fauck läuft durch den Waggumer Forst und fährt Longboard. Bei schlechtem Wetter rollt sie die Matte im Wohnzimmer aus, absolviert mit ihrer Schwester Ida ein Fitnessprogramm.

Tom Giehsler war auf dem besten Weg, sich in diesem Jahr für die Deutschen Mehrkampfmeisterschaften zu qualifizieren. Er treibt möglichst viel Sport an der frischen Luft und fährt gern Fahrrad.

Und Anil Sezen und Daniel Hohmann sind nicht nur als Masters-Schwimmer auf deutscher Ebene erfolgreich, sondern auch als SSG-Trainer aktiv. Die beiden absolvieren ein ausgeklügeltes Workout und motivieren die jüngeren Schwimmer mit tollen Trainingsvideos. red“